Kulturelle Frühförderung als Fundament
ASSITEJ - Netzwerktreffen "Kunst und Kultur für alle von Anfang an" am MIttwoch, den 27.9.2023 in der Kunstschule Liechtenstein in Nendeln.
Von Monika Kühne
Mit dem ersten Blickkontakt nehmen Kinder Kontakt mit ihrer Umwelt auf, was bedeutet es für deren Entwicklung, wenn das Gegenüber währenddessen auf sein Handy starrt? Karin Kraus verwies in ihrem Impulsreferat "Kreativer von Anfang an" gleich zu Beginn auf eine "Verarmung durch Technik". 90 Prozent der Synapsen im Gehirn werden, so Kraus, in den ersten fünf Lebensjahren gebildet. Das sinnliche Begreifen, Erforschen und Erproben als Basis für die Kreativität und somit für die motorische, sprachliche, soziale und kognitive Entwicklung verglich sie mit dem soliden Fundament beim Bau eines Hauses. Ein informatives Interview mit der Fondatrice und Geschäftsleiterin von Lapurla, Studienleiterin und Dozentin CAS Kulturelle Bildung an der Hochschule der Künste Bern HKB ist am 26. September im "Liechtensteiner Vaterland" erschienen.
"Türöffnerinnen und Mitstauner"
Gastgeber des diesjährigen Assitej-Netzwerktreffens, Martin Walch, Direktor der Kunstschule Liechtenstein, verwies auf die vielen Frühförderungsinitiativen im Land. Diese gelte es in die Öffentlichkeit zu tragen und der Politik deren Wert aufzuzeigen. Kraus verwies auf die UN-Kinderrechte: "Kulturelle Teilhabe ist kein 'nice to have', sondern ein Kinderrecht!" Vor allem die Teilhabe am künstlerischen Leben, am freien Spiel und die Berücksichtigung der Meinung des Kindes. Als "Future Skills" nannte sie lebenslange Neugier und Offenheit sowie das Reflektieren und Hinterfragen gesellschaftlicher Wertvorstellungen: Weil etwas immer schon gemacht worden ist, ist es deshalb noch zeitgemäss und richtig? "Mit Kindern statt für Kinder" anstelle "Basteln nach Vorlage". Kreativität als Haltung und Lebenseinstellung beginne mit der Veränderung bei uns selbst. "Kinder sind neugierig. So erschliessen sie sich die Welt. Von Anfang an. Dazu brauchen sie uns als Türöffnerinnen und Mitstauner." Kraus appellierte für politische Massnahmen zur Chancengleichheit, Qualität und Nachhaltigkeit gesetzliche Verankerung für die Förderung von Kindern von 0 bis 4 Jahren, spezifische Settings in den Kulturinstitutionen, berufliche Aus- und Weiterbildung, Zugang zu Fördermitteln für Spielgruppen/Kitas/soziokulturellen Einrichtungen/Familienzentren/Kunst- und Kulturschaffende und der Schaffung spezifischer Stellenprofile mit expliziter Qualifikation.
Wer entscheidet über uns?
Den Impulsen, Kritikpunkten und Appellen von Karin Kraus schlossen sich im Podiumsgespräch, moderiert von Heike Montiperle, Marlen Jehle (Eltern Kind Forum, Leiterin Koordinations- und Beratungsstelle Frühe Förderung), Gabriela Frick (Gemeindebibliothek Eschen/Nendeln) und Severine Gstöhl (Kunstschule Liechtenstein) an. Als Wirkungsfelder nannte Kraus Orte, "die machen etwas mit uns, die haben Magie". Georg Biedermann, Präsident Assitej Liechtenstein, hatte die vorhandene Dichte an unterschiedlichsten Orten und Angeboten im Bereich Kunst und Kultur für Kinder unter vier Jahren in Liechtenstein, die weiter wachse, präsentiert. Ihm falle der überwiegende Anteil an Frauen auf mit der Frage, was Männer einbringen könnten. Die Entwicklung des genannten qualitativ hochstehenden Angebots wurde auch von den Podiumsgästen positiv erwähnt. In der Kurzversion des Dokumentarfilms "KUNSCHT!, gedreht von Juliana Beck und Marcel Beck von der Kreativ Akademie Liechtenstein zum ASSITEJ-Manifest, zeigten Kinder ihre Perspektiven. Interviews mit Kulturvermittlern, Künstlern und Politikern verbanden sie mit eigenen Statements und Reportagen, die sie unmittelbar als kreative Akteure zeigte. Mit der finalen Frage: "Wer entscheidet, ob wir Kunst und Kultur erleben dürfen?" Die Young Stars Nendeln, begleitet von Tanja Plüss, umrahmten tänzerisch einen Abend, der einen weiterer Kultur-Baustein legte.